Elliot Douglas war bewusst, dass er sich beeilen sollte. Er hasste es, zu spät zu kommen, egal wofür, weil er es im besten Fall für unorganisiert hielt und im schlechtesten für unhöflich – und er rühmte sich damit, nichts dergleichen zu sein. Außerdem freute er sich auf den bevorstehenden Termin. Nein – er brauchte diesen Termin. Während er in Anbetracht dieser nicht zu leugnenden Tatsache sein Tempo ein wenig anzog, kam er wegen seines Interesses an der Architektur und dem Design der Häuser der Innenstadt, an denen er jetzt vorbeischlenderte, jedoch nicht umhin, hier und da einen Blick auf die Dinge zu werfen, die seine Aufmerksamkeit erregten.
Als der Eigentümer und Manager von San Antonios Antiquitätenladen Intrinsic Value ließ sein breit gefächertes Interesse an Kunst und Design ihn alles in sich aufnehmen, vom Baustil der Häuser bis zu ihren Farben und Zierleisten. Er hatte schon viele interaktive Museen besucht und diese Gegend von San Antonio seit seinem ersten Besuch für eine lebende Architekturgalerie gehalten.
Der etwas merkwürdige Wunsch nach einer Tabelle oder einem Arbeitsblatt, auf dem er die Beispiele für die unterschiedlichen Gebäudetypen um ihn herum abhaken könnte, zauberte ein Lächeln auf sein Gesicht. Vielleicht sollte er so etwas in die Richtung entwerfen. Eine Art Mini-Poster, das man beschriften oder vielleicht sogar ausmalen konnte? Edwardisch, viktorianisch, Tudorstil … Sein verschnellerter Schritt echote den Rhythmus seiner Gedanken, in denen er die Architekturstile auflistete, an denen er vorbeikam. Sowas würde ich entwerfen, ja, wenn ich denn zeichnen könnte.
Hätte er diese Nachbarschaft hier wählen sollen, um sich ein Eigenheim zu kaufen? Die Frage schoss ihm jedes Mal durch den Kopf, wenn er in Tobin Hill war. Hier sorgte seine Liebe für Sammlerobjekte und Historiendramen dafür, dass er ins Schlendern geriet, um all die Kleinigkeiten – vom Mobiliar der Vorgärten oder der Verandas bis zu den hängenden Lichtern oder sogar Laternenpfählen – zu bewundern, an denen sein Blick hängenblieb. Wenn er gerade ein etwas langsameres Tempo an den Tag legte, dann war das der Grund, und es hatte nichts damit zu tun, dass er sich in seinen Vierzigern befand. Zweiundvierzig war nicht alt, egal wie altmodisch er auch war oder wie er sich von Zeit zu Zeit auch fühlte; und Elliot hielt seine über einen Meter achtzig große Gestalt gut in Form.
Doch die Optik dieser Nachbarschaft und ihre Lage, die so praktisch für den Laden war, ließen ihn mal wieder an der Gegend zweifeln, in der er tatsächlich Eigentum erworben hatte. Tja, schade aber auch. Bei all der Arbeit, die er gerade in seinen Besitz steckte, konnte er sich nicht vorstellen umzuziehen. Und außerdem mochte er sein Haus, seinen Rückzugsort vor der Welt.
Sein Ziel befand sich in Augenweite und er eilte die kurze Einfahrt und die kleine Veranda des Ranchhauses hinauf. Ihm kam der Gedanke, dass Makler diese stuckbesetzten Objekte aus den Neunzehnsiebzigern als »kalifornischen Bungalowstil« bezeichnet hätten.
Es würde nicht nötig sein, den Türklopfer aus Messing zu betätigen, also fuhr Elliot sich mit beiden Händen durch das hellbraune Haar, um die etwas längeren Locken, die von seinen Schläfen abstanden, zu bändigen; er versuchte, nicht darüber nachzudenken, dass sein Haar, dort wo seine Finger es gestreift hatten, anfing zu ergrauen. Er griff sogar nach seiner Brille mit dem Drahtgestell, um sie zu polieren, bevor er sich daran erinnerte, dass er sie ja tagsüber gar nicht mehr trug … was dazu führte, dass er blinzelte, als er sich seiner neuen Kontaktlinsen bewusstwurde.
»Lars.« Elliot begrüßte den Mann, der ihm die Tür geöffnet hatte und der jetzt einen Schritt zurücktrat, um ihn in seinem typisch angenehmen Ton nach drinnen zu bitten.
»Elliot.« Lars war diskret. Er sagte nie Elliots Namen – oder den von sonst irgendjemandem – bis die Vordertür nicht fest verschlossen war. Er verschmolz meist mit der Umgebung, war geschmackvoll, aber gleichzeitig unscheinbar und notierte jetzt unaufdringlich Elliots Ankunft auf einem schlanken Tablet. Er schlug die dunkelgraue Hülle auf und klappte sie dann sofort wieder zu.
Die Computerausrüstung hatte Elliot im ersten Moment missfallen. Er war überhaupt kein Fan von Technik, aber er war sich eben auch bewusst, dass er nicht erwarten konnte, dass die Leute heutzutage mit Klemmbrettern und Notizbüchern den Überblick über ihre Termine behielten. Und meine Güte; er besaß mittlerweile selbst ein Mobiltelefon – wie er es nannte. Ein Freund aus dem Club, in dem Elliot trainierte und schwamm, arbeitete im IT-Bereich und hatte ihm geholfen, ein schnittiges, schmales Modell auszusuchen. Nichts Großes oder Unhandliches oder zu Protziges, und Elliot befand sich noch immer in dieser Phase der Koexistenz, in der er es regelmäßig im Büro oder in der Küche vergaß.
Karl, der Mann, wegen dem er hier war, trat hinaus ins Wartezimmer und betrachtete ihn. »Guten Morgen, Elliot. Bitte komm doch rein … oder brauchst du noch einen Moment, um dich umzusehen und darüber nachzudenken, wie du den Laden hier umdekorieren würdest?«
Er hatte Karl von dieser albernen Gewohnheit erzählt, etwas, das er in Häusern oder Geschäften oder Restaurants tat, und Karl hatte es für charmant gehalten und seitdem nicht wieder vergessen. Elliot nickte reumütig zur Bestätigung und schritt mit auf den Boden gerichtetem Blick in den nächsten Raum, in dem eine ruhige, friedliche Atmosphäre herrschte und kaum hörbare Musik im Hintergrund dudelte. Er wartete, bis Karl hinter ihm eintrat, die Tür schloss und sich hinsetzte. Dann nickte Karl Elliot zu und bedeutete ihm, sich ebenfalls zu setzen.
»Du bist hergelaufen?«, fragte Karl, während sich in seinen stahlblauen Augen das Licht fing. Die frühe Morgensonne ließ sein penibel frisiertes Haar, seinen kurzen Bart und seinen Schnauzer glänzen. Er suchte sich diesen Sitzplatz wahrscheinlich absichtlich aus und seine Reglosigkeit sorgte dafür, dass er stets im Licht war. »Elliot?«
»Oh, entschuldige bitte. Tagträume. Ja. Mir gefällt der Weg. Das gehört für mich dazu, wenn ich herkomme. Eine Aufwärmung.«
Er wusste, was er damit meinte. Die Distanz von Intrinsic Value im Pearl-Viertel war nicht der Rede wert, aber von seinem Zuhause in Lavaca aus sah es anders aus.
»Und du bist von zuhause gekommen? Ich hasse die Vorstellung, dass du so früh schon auf der Arbeit sein könntest.« Karl ließ einen abwägenden Blick über ihn schweifen. »Nimm dir gerne ein Wasser.« Mit einer kurzen, scharfen Bewegung seines Kinns deutete er auf einen Krug und Gläser auf dem kleinen Tisch. »Bist du überarbeitet seit deinem letzten Besuch?«
»Na ja …«, wich Elliot aus und schenkte sich ein bisschen Wasser ein, das er nicht trinken wollte und auch nicht würde.
»Elliot. Du weißt es doch besser.« Karls Ton wurde ein wenig schärfer. »Erzähl.«
Er hatte mit Karl nicht sonderlich detailliert über die kürzlichen … Vorfälle gesprochen, aber ein bisschen darüber geteilt, was im Laden und mit seinen Angestellten vorgefallen war. Jetzt setzte er Karl darüber ins Bild, dass sich die Dinge nach den Geschehnissen, die losgetreten worden waren, als Elliot die Gegenstände aus dem Buckman-Verkauf erworben hatte, endlich beruhigt hatten.
»Ich hab ihnen abgeschworen, aber letzte Woche bin ich tatsächlich bei einer Haushaltsauflösung gewesen. Die regionale Kunst- und Antiquitätenausstellung steht kurz bevor und ich habe eine Liste mit Gegenständen, nach denen ich mich dort gerne umsehen würde«, beendete er seine Ausführung.
»Und die meisten davon sind für dein Haus, an dem du immer noch ununterbrochen arbeitest«, argwöhnte Karl. Elliot ließ den Blick sinken. »Aber du hast Zeit gefunden, um dich zu entspannen, um Sport zu machen? Du siehst gut aus.«
Bei den freundlichen Worten stieg Elliot die Hitze ins Gesicht. »Schwimmen, die meisten Abende, und ich habe wieder mit Squash angefangen.« Na ja, sich eher dazu gezwungen. Aber …
»Exzellent. Und bald wechselst du noch zu Racquetball!« Karls Augen blitzten. Er stand auf und bedeutete Elliot mit einem Wink seiner Finger, sich ebenfalls zu erheben. »Es wird Zeit. Geh nach hinten durch.«
Nach hinten durch, in den richtigen Raum, wie Elliot ihn nannte, nachdem er geduscht und sich vorbereitet hatte, natürlich. Elliot war ältere Spiegel gewohnt, im Laden und in seinem Haus, und er neigte dazu, moderneren aus dem Weg zu gehen. Doch der Ganzkörperspiegel im Badezimmer hier reflektierte kein allzu herbes Bild. Die Einbauleuchten ließen seine Augen eher honigfarben als braun aussehen, als er sich auf die Iriden spähte, um die Kontaktlinsen zu überprüfen. Mit einem Handtuch um die Hüften gewickelt, trat er in den Sitzungsraum. Den richtigen Raum.
»Elliot.« Er erschrak, als Karl durch die andere Tür eintrat. »Du liegst nicht.«
»Entschuldigung«, murmelte Elliot.
»Entschuldige dich nicht. Sei gehorsamer.« Karl zog sich sein Jackett aus; er trug nur noch Hemd und Anzugweste. Er krempelte sich die Ärmel hoch, was seine muskulösen Unterarme zum Vorschein brachte. Er war kräftig gebaut, mit stiller, kontrollierter Stärke.
Es begann. Ein Schauer huschte über Elliots Wirbelsäule. Mit einem Nicken legte er sich auf den Tisch und schluckte, als die Tür mit einem leisen Klimpern abgeschlossen wurde und er das Spritzen von Öl vernahm, das gepumpt wurde. Die Geräusche und Gerüche waren vertraut, genauso wie Karls Hände, die seinen oberen Rücken und seine Schultern entlangfuhren. Beim Druck der starken Daumen auf seinem Nacken musste Elliot ein Stöhnen unterdrücken.
»Den Kopf seitlich auf die Stütze … die Hände nach außen …«, befahl Karl, eine Sekunde bevor der Mechanismus des Tischs die Armlehnen an Elliots Seiten zum Festhalten hochfuhr. In Sekundenschnelle wand sich ein gepolsterter Riemen um seinen Hals, der seinen Kopf an Ort und Stelle hielt, und Lederschnallen, welche seine Hände fixierten, wurden um seine Handgelenke befestigt.
Er war von Lars gefesselt worden, den Elliot nicht einmal eintreten oder die Tür hinter sich schließen hatte hören, obwohl Elliot wusste, dass er eben das getan haben würde. Genauso wie er wusste, dass Lars nun den flachen Spiegel am oberen Ende des Tischs positionieren und so anwinkeln würde, dass Elliot sehen konnte, was Karl mit ihm anstellen würde. Alles, was Karl mit ihm anstellen würde.
Karl hielt in seinem Handeln inne, sogar noch nachdem Lars seine Arbeit beendet hatte, was Elliot zum Zittern brachte. Er fragte: »Jetzt was?«
»Das weißt du.« Karl zog Elliot abrupt das Handtuch vom Körper und ließ ihn so nackt zurück. Binnen Sekunden fuhr das untere Ende des Tischs aus und weitete sich. Dabei wurden Elliots Beine zu Karls Zufriedenheit gespreizt und weitere Riemen befestigten seine Knöchel an den Ecken. Er riskierte einen Blick in den Spiegel – er war vollständig fixiert; ein Sträuben gegen seine Fesseln bestätigte das.
»Den Ballknebel, denke ich«, sagte Karl.
Elliot schüttelte den Kopf.
»Hmm. Das lass ich dir noch mal durchgehen …« Karls Stimme verebbte, während er anscheinend nachdachte. Ein stummer Befehl und Lars präsentierte ihm ein Tablett, von dem Karl sich für eins der Halstücher entschied. Er zwirbelte den Baumwollstoff zu einem dünnen Streifen zusammen und machte einen Knoten in der Mitte, dann einen weiteren über dem ersten, damit er größer wurde. Groß genug, um Elliot damit zu knebeln, als ihm der Stoff in den Mund geschoben und in seinem Nacken fixiert wurde.
»Du gefällst mir mit verbundenem Mund«, dachte Karl laut nach. »Und es saugt den Speichel auf. Aber nächstes Mal bekommst du den Ballknebel.«
Der harte Klang seiner Stimme sandte winzige Beben über Elliots Haut. Seine Eier füllten sich sofort und er wand sich auf dem Tisch.
»Obwohl ich dich auch gerne höre«, kommentierte Karl und zog einen spitzen Fingernagel Elliots Wirbelsäule hinab.
Elliot, die Augen weit aufgerissen, kämpfte gegen den Knebel an.
»Du wehrst dich so süß«, säuselte Karl; er musterte Elliots Gesicht.
Elliot war überhaupt nicht der Meinung, dass er süß aussah. Er war sich sicher, dass er wie der untersetzte Mann im mittleren Alter aussah, der er war. Aber hier, bei Karl, fühlte er sich schön, manchmal, und ihm gefiel das Gefühl. Sein Blut raste bei dem Gedanken an die unterschiedlichen Empfindungen, die jede Etappe der Treffen in ihm auslöste, und darunter lag der Stolz auf sich selbst, dass er diesen Schritt für seine eigenen Bedürfnisse gewagt hatte. Ein weiterer Schritt hinter der Mauer hervor, die ich um mich herum aufgebaut habe.
Karls »Bereit?« hatte Elliots Ohren kaum erreicht, da schlug Karl zum ersten Mal zu; ein freigebiger Schlag auf eine Pobacke. Obwohl Elliot wusste, was auf ihn zukam, war der erste Kontakt immer ein Schock, ein Schlag, dessen Vibration er von der Einschlagsstelle bis in seine Zehen in die eine Richtung und bis in seinen Kopf in die andere spürte – Karl schlug hart zu. Elliot atmete durch das Stück Stoff in seinem Mund aus und konzentrierte sich in den wenigen Sekunden, die Karl ihm ließ, auf die Empfindungen, ehe auf den ersten Schlag ein zweiter auf die andere Pobacke folgte, einer, bei dem Elliot durch den Knebel keuchte.
Es folgten weitere, kernigere Schläge, die Karl mit leiser Stimme zählte. Dass Karls Sub dem beiwohnte, was sein Dom hier mit Elliot anstellte, war Teil der Prozedur.
»Zehn. Und das war erst die Aufwärmung.«
Elliot überkam beinahe Erleichterung. Es brannte schon und Tränen rannen ihm aus den Augenwinkeln. Er wandte sich ein Stück um, damit er einen Blick auf Lars teilnahmsloses Gesicht erhaschen konnte; das verstärkte die Empfindungen nur noch, die durch seinen Leib rasten. Er drehte sich wieder zurück, um Karl im Spiegel zu beobachten, der seine Hand ausschüttelte.
»Jetzt, Stich oder Schlag?« Karl beobachtete Elliots Hand und wiederholte sich, seine Stimme dieses Mal schärfer: »Elliot, Stich? Schlag?«
Bei der zweiten Wahlmöglichkeit krümmte Elliot seine Finger zweimal; das war ihr vereinbartes Signal für Ja. Alles, was sie praktizierten, war immer im Vorfeld vereinbart.
»Gut.« Karl griff sich einen hölzernen Schläger aus der flachen Box, die Lars ihm hinhielt. Er bedeutete Lars, Elliots Knebel ein Stück zu lockern. »Wie viele?«
»D … das liegt bei Ihnen, Sir«, brachte Elliot hervor, ehe Lars den Knebel wieder in Position brachte.
»Richtige Antwort.«
Elliot glaubte, Karl belohnte ihn, indem er extra hart zuschlug.
»Fünf, denke ich …« Die Schläge, die Karl, Profi-Dom, verteilte, waren präzise. Er kam Elliots Hüften oder Steißbein nicht einmal nahe. Jeder einzelne Aufprall zurrte die Nerven in Elliots Körper enger und feuerte Hitze durch alle Venen. Mit jedem Schlag wurde es intensiver.
»Ü’ünf«, zählte Elliot mit, so gut wie er es mit dem durchnässten Stoff in seinem Mund fertigbrachte.
»Und jetzt die andere …«, murmelte Karl und wählte einen neuen Knüppel für Elliots zweite Pobacke aus.
»Nein!«, flehte Elliot durch den Knebel und kämpfte dagegen an. »’Enug. Kann nich mehr …«
Karl wartete ein paar Sekunden, ehe er sich niederkniete, um neben Elliots Kopf zu sprechen. »Oh, du wirst es nehmen, Elliot. Und wenn du noch einmal protestierst, füg ich noch weitere Schläge hinzu.«
Dieses extra bisschen Biss, einen Zentimeter über das hinausgezwungen zu werden, von dem er sagte, dass er es aushalten konnte – dachte, dass er es aushalten könnte – das bedeutete Elliot alles. Begonnen hatte es damit, an etwas gefesselt zu werden – er konnte sich noch immer an seinen Widerstand erinnern – dann war hinzugekommen, dass jemand bei dem Spiel zusah … alles Dinge versteckt in den hintersten Ecken seiner Psyche, von denen er nicht gewusst hatte, dass er sie überhaupt wollte. Doch langsam verstand er, mehr und mehr … und handelte seinem Verlangen entsprechend.
Karl richtete sich auf und begann von Neuem. Da gab es nur den Aufprall, die Schläge und Elliots Seele, die bei jedem einzelnen vibrierte und ihn in die Höhe steigen ließ. Hitze brannte sich durch ihn hindurch. Er zitterte und schwitzte, als Karl seine Arbeit beendete. Die Augen hatte Elliot geschlossen, doch er spürte, wie Hände die Riemen öffneten. Dann half Karl ihm dabei, sich umzudrehen. Er schrie auf, als sein misshandelter Hintern in Kontakt mit dem Tisch kam.
»Na, sieh mal einer an.« In Karls Stimme schwang Bewunderung für Elliots gehärteten Schwanz mit; die Spitze war feucht und glänzte vom Lusttropfen. »Wie sehr willst du kommen?«
Das war eine weitere Karl-Frage, die keiner Antwort bedurfte. »Du wirst eine volle Minute warten. Fass dich nicht an, bis ich es dir erlaube. Verstanden? Sag das Wort.«
»Verstanden.« Es klang kein bisschen nach seinem üblichen, kultivierten Ton.
Der zweite Zeiger der großen Uhr an der Wand hatte sich noch nie so langsam bewegt. Elliot kam in seinem verzweifelten Zustand schon der Gedanke, dass etwas mit ihr nicht stimmen oder Karl sie manipuliert haben musste, als Karl schließlich nickte. »Mach schon. Lass mich dich sehen.«
Elliot hielt nicht lange durch. Ein paar Handgriffe an sich selbst, ein lautes Stöhnen und dann kam er auf seinen Bauch und seine Brust, sein Körper starr auf dem Tisch aufgebäumt. Die Augen hatte er auf Karl gerichtet und er sonnte sich in der Wärme dessen Gesichts und seinen Belobigungen, während er sich selbst bis auf den letzten Tropfen melkte. Er nahm die weichen Taschentücher entgegen, die Karl ihm hinhielt, um sich abzutupfen. Das spielte keine Rolle, denn die Sitzungen endeten sowieso immer mit einer weiteren Dusche.
Sein Ich nach der Dusche fühlte sich immer vollkommen anders an als das von bevor und jetzt, da Elliot nicht mehr so aufgekratzt war, konnte er die feineren Details wertschätzen. Wie zum Beispiel, dass Karl die Bergamont- und Sandelholzseife dahatte, die Elliot so gefiel und die er zuhause verwendete. Elliot seifte seinen Körper ein und stellte sich wie immer die Frage, ob irgendwann jemand anderes das für ihn erledigen würde, auf die gleiche Art, wie er selbst die Person einschäumen würde. Zwei Menschen, die einander umsorgten.
Er zwang sich zu warten, bis er beim Abtrocknen war, um einen Blick auf seine Pobacken zu werfen. Der Anblick brachte ihn zum Grinsen, und das nicht nur wegen der rötlichen Färbung – die Schläger, die von Karl an ihm verwendet worden waren, hatten Abdrücke hinterlassen.
Er hatte während der Sitzung versucht, einen Blick auf die Worte oder das Design zu werfen, aber war gescheitert. Jetzt aber starrte er auf seine rechte Pobacke, die nun das Bild eines Herzchens zierte, genau in der Mitte, und auf seine linke, wo »Love« zu lesen war. Es gefiel ihm wirklich sehr. Alles an seinen Besuchen hier: der Service, den Karl anbot, die diskrete Art, auf die er sein Geschäft führte, dass sich das Ganze nicht nach einer Transaktion anfühlte …
Wie sehr die Antizipation und der Akt selbst Elliots Blut auch zum Kochen brachten, er liebte auch das Runterkommen. Die letzte Etappe fand immer draußen auf der hinteren Veranda gemeinsam mit Karl statt, wo sie eine unbeschwerte Unterhaltung führten und den Kräutertee tranken, den sie beide so mochten … und Elliot zwang sich, nicht dabei zusammenzuzucken, wie sehr es schmerzte, auf seinem kürzlich versohlten Arsch zu sitzen.
»Bist du noch oft im Club?«, kam Elliot der Gedanke. Der Ort, an dem sie sich kennengelernt hatten, wo Karl Dom spielte.
»Nicht mehr allzu oft.« Karl stellte seine Tasse auf dem Tisch ab. »Und ich weiß, du auch nicht mehr. Die Atmosphäre ist dort in letzter Zeit nicht mehr dieselbe. Ich glaube, es stehen ein paar Änderungen aus – ich habe gehört, es wird ein wenig härter, extremer. Vielleicht gibt es auch neue Veranstalter? Aber wir werden sehen, ob die Neuerungen dem Ganzen guttun werden. Manche vielleicht.«
Elliots Vorliebe für Routinen war so eine Art halber Witz zwischen ihnen. Als er sich erhob, um sich auf den Weg zu machen, wand Karl einen Arm um seinen oberen Rücken, um ihn in eine Umarmung zu ziehen. »Pass auf dich auf«, flüsterte er.
Elliot trat seinen Weg zum Laden an. Er fühlte sich gut, unbeschwerter, wie er es nach jeder Sitzung mit Karl tat, aber trotzdem senkte sich die übliche Schwere schneller auf ihn herab als sonst. Er bedachte den Fortschritt, den er schon gemacht hatte. In dem Versuch, hinter den Barrikaden, die er um sich errichtet hatte, hervorzukommen, hatte er sich mit ein paar Typen aus seinem Sportclub zum Kaffee getroffen, und einmal sogar zu einem Drink – aber es hatte nie gefunkt.
Dann, als er langsam begriffen hatte, dass rauer, unterwürfiger Sex das war, nach dem es ihm begehrte, hatte er im Caress-Club danach gesucht, wo es genügend Doms gab. Aber wie sehr er auch darüber fantasiert hatte, in der Öffentlichkeit zu spielen, die Vorstellung, sich jemandem zu unterwerfen, den er nicht kannte, der ihn nicht kannte und von dem Elliot nicht wusste, ob er ihm vertrauen konnte, hatte ihn zur Salzsäule erstarren lassen.
Er hatte mit Karl und seinen Diensten hinter verschlossener Tür einen guten Kompromiss gefunden. Ihm gefiel die Art von Mann, die Karl war, und auch ihre Vereinbarung, doch er konnte nicht umhin, Karl und Lars um das zu beneiden, was sie hatten.
Wie muss sich das wohl anfühlen, diese Art von Beziehung zueinander? Mit jemandem zusammen zu sein, dem man alles von sich geben konnte, dem man von all seinen Verlangen erzählen konnte, um sie dann gemeinsam mit dieser Person zu erfüllen … weil es auch das war, was sie wollte? Und alles davon inklusive Gefährtenschaft, Häuslichkeit … So etwas hatte er noch nie gehabt und er bezweifelte, dass er es je tun würde.
»Wünsche und Träume, Vielleichts und Schäume.« Das war ein alberner Ausdruck seiner Großmutter, einer, an den er seit Jahren nicht mehr gedacht hatte, und jetzt fiel er ihm plötzlich ein.
Nein. Elliot fokussierte sich auf den Tag, der bevorstand, und auf seinen Zeitplan, was er wann erledigen würde. Er nahm sich vor, etwas Neues zu Mittag zu bestellen – das war der nächste Ziegel in der Mauer, die ihn umgab, den er herausstoßen würde. Vielleicht würde er eines Tages in der Zukunft bereit sein, größere Schritte zu machen, aber für den Moment …
Jetzt war da nur die Sehnsucht, so spärlich und doch so stark, wie ein Mondstrahl, welcher sich seinen Weg durch die Risse bahnt.